Radar, Römer, Etruskertempel – Bilanz der ersten Woche der Italien-Grabung

Die "Tomba delle Leonesse" im Gräberfeld von Monterozzi.
Die "Tomba delle Leonesse" im Gräberfeld von Monterozzi.

15.08.2021: Nach über einem Jahr Corona-Auszeit gibt es endlich wieder etwas von Feldarbeiten unseres Institutes zu berichten: In Kooperation mit der Universität von Jahn Evangelista Purkyne in Ústí nad Labem (Tschechische Republik, PD Dr. M. Trefný) und der Università degli Studi de Bologna arbeiten Prof. D. Mischka und Dr. C. Mischka sowie drei Studierende im Rahmen des neuesten Projektes der UFG-FAU an der Erforschung der Fundstelle „Bufalareccia“, ungefähr 50 km nordwestlich von Rom.

Tschechische Kollegen lokalisieren etruskisch/römischen Fundplatz

Im Kernland der etruskischen Kultur (900-100 v. Chr.) und des nachfolgenden römischen Reiches konnten die tschechischen Kollegen in den letzten Jahren einen Siedlungsplatz aus etruskischer und römischer Zeit lokalisieren. Ihre Feldbegehungen erbrachten große Mengen von Fundmaterial ab dem 4. Jh v. Chr. Eine erste Geomagnetik slowakischer Kollegen wies auf eine Bebauung des Plateaus von Bufalareccia hin, blieb aber wegen des vulkanischen Untergrundes doch recht indifferent. Vom etruskischen Tempel, analog zum nahegelegenen Tarquinia bis hin zu einer römischen Villa schien alles gleich wahrscheinlich.

Neu in unserem Methodenkanon: Georadar

Das Anfang des Jahres mit Hilfe des Unibundes der FAU gemeinsam mit dem Institut für Klassische Archäologie der FAU angeschaffte Georadar-System (GPR) erlaubt es – anders als die Geomagnetik – Mauern im Boden unabhängig von ihrem Baumaterial zu erkennen. Zudem liefert es Informationen über die Tiefe der Strukturen. Eine um den Faktor 10 geringere Begehungsgeschwindigkeit und deutlich höhere Anforderungen an die Begehungsfläche (kaum Bewuchs, kaum Steigungen etc.) muss dabei allerdings in Kauf genommen werden.

GPR bringt Struktur

Unsere Studierenden prospektierten mittlerweile einen Großteil des Verdachtsbereiches – bei Temperaturen über 38° im Schatten (den es hier weit und breit nicht gibt).  Das Ergebnis: Ein in ca. 1,4m Tiefe gelegener, ungefähr 60x40m großer Gebäudekomplex aus zahlreichen kleinen und großen Raumeinheiten ist im 3D-Blockbild des Georadars zu erkennen. Vom Grundriss her eindeutig eine römische Villa! Aber nicht nur das: Es sind auch Mauern zu erkennen, die nicht zur Ausrichtung der Villa passen wollen. Ein Gebäude aus der vorherigen etruskischen Zeit? Vielleicht der erhoffte Tempel? Eine Struktur aus nachrömischer Zeit? Hier ist die Geophysik an ihren Grenzen angekommen. Eine Ausgrabung muss jetzt weiterhelfen!

Ausgrabung soll Klarheit bringen

Eine Ausgrabung soll Klarheit über das Alter der Befunde bringen. Die genaue Lokalisierung der Befunde über die Geophysik erlaubt es, die Grabung vergleichsweise klein zu halten: Nur 6x6m misst der Schnitt, aber er liegt genau dort, wo sich die fraglichen Mauern überschneiden. Es wird sicher mehr als nur eine Kampagne dauern, bis die Befunde komplett freigelegt und analysiert sind, aber seit Mittwoch ist ein Anfang gemacht und die Aussichten sind vielversprechend.

 

Nächste Woche: Flächige Erforschung mit Magnetik und Drohne

Neben der Grabung soll ab Montag die flächige Erforschung des Umfeldes der Villa intensiviert werden. Wo sind die Wirtschaftsgebäude? Wo ist die etruskische Siedlung? Schließlich zeigen die Scherben, dass sie irgendwo sein muss! Daher soll die seit Freitag laufende Geomagnetik massiv ausgedehnt werden. Im Idealfall ergeben sich neue Verdachtsbereiche, die mittels GPR intensiver erforscht werden können. Zudem soll mit unserer Drohne ein zentimetergenaues Höhenmodell der Fundstelle und ihrer Umgebung erstellt werde. Vielleicht finden sich ja kleine, für das Auge unsichtbare Erhebungen, die auf Trümmer zerstörter Gebäude hinweisen? Es ist also genug zu tun für die noch verbleibenden zwei Wochen. Und parallel dazu ausgraben müssen wir ja auch noch!

Archäologie auch am Wochenende

Am Wochenende ruhen zwar die Feldarbeiten, aber die Ausbildung der Studierenden – und zugegebenermaßen auch einiger ihrer Dozenten – geht weiter. Ein Besuch der Ausgrabungen in der etruskischen Stadt von Tarquinia (Tarchna), insbesondere des Tempels „Ara della Regina“, sowie des berühmten etruskischen Gräberfeldes von Monterozzi mit seinen farbig ausgemalten Kammergräbern standen auf dem Programm. Auch das Museum in Tarquinia, in dem die Funde all dieser Fundplätze ausgestellt sind, wurde besucht, so dass wir alle nun wissen, was wir zu finden haben!

C. Mischka