Das Archäologische Kolloquium – Dr. P. Schmidt: Birkenpech, der älteste Klebstoff aus der Zeit des Neandertalers
Am 30.06.2022 dürfen wir Sie herzlich zum nächsten Termin des Archäologischen Kolloquiums im Sommersemester 2022 einladen. Um 18:00 Uhr c.t. berichtet Dr. Patrick Schmidt (Eberhard Karls University of Tübingen, Department of Prehistory and Quaternary Ecology) über das Thema: Birkenpech, der älteste Klebstoff aus der Zeit des Neandertalers.
Wir freuen uns auf Sie!
Zusammenfassung:
Die Birkenpechherstellung von Neandertalern wird oft als eine der frühesten Ausdrucksformen von modernem kulturellem Verhalten angesehen. Der Grund dafür ist, dass sie scheinbar ein komplexes Verfahren erfordert. Bei einem unterirdisch ablaufenden Vorgang, so die gängige Lehrmeinung, muss die Sauerstoffzufuhr eingeschränkt werden, sodass austretende Pflanzensäfte nicht vor ihrer Umwandlung zum Teer verbrennen. Die Teerherstellung ist also ein aufwendiger Prozess, der einiges an Wissen und Planung erfordert. Es erscheint auch fast unmöglich eine Methode, bei der Abläufe unsichtbar und unkontrollierbar ablaufen durch Zufall zu entdecken. Kürzlich haben die Ergebnisse unserer Tübinger Forschergruppe allerdings gezeigt, dass Holzteer auch kondensiert, wenn Birkenrinde direkt neben leicht überhängenden Oberflächen von Steinen abbrennt. Diese sogenannte Kondensationsmethode läuft überirdisch, gut sichtbar und unter steter Luftzufuhr ab. Diese Erkenntnis macht es möglich unvoreingenommener an die Interpretation von Neandertaler-Birkenpechfunden zu gehen. Teer kann mit ganz unterschiedlichen Methoden hergestellt werden und Rückschlüsse auf seine Hersteller müssen auf einer Interpretation derjenigen Methode beruhen, die tatsächlich benutzt wurde.