Erfolgreiche Frühjahrskampagne in Rumänien
Forschung und praktische Ausbildung im Feld und im Museum – Rückblick auf die Prospektion Rumänien
Auch die diesjährige, traditionelle Frühjahrskampagne in Rumänien war ein voller Erfolg für die archäologische Forschung und die Ausbildung an unserem Institut. Im Rahmen dieser Maßnahme waren, betreut von Prof. Doris und Dr. Carsten Mischka, bis zu 12 Studierende der archäologischen Wissenschaften vom 24. Februar bis zum 28. März in Ostrumänien tätig. Sie sollten einen Großteil von dem lernen, was moderne archäologische Prospektion ausmacht: Nicht nur geophysikalische Prospektion, auch klassische Feldbegehungen in Raster/Grid- und Perimetermethode (Umkreis um einen geomagnetischen Befund) und Einzelfundeinmessungen mit Tachymeter und DGPS standen auf der Tagesordnung. Dazu kam die Nachbearbeitung im Museum – Funde waschen, Keramik und Steinartefakte bestimmen, Datenbanken befüllen – auch dies sind integrale Bestandteile archäologischer Feldarbeit und wollen gelernt sein.
Woche 1: Römische Dörfer – Römische Städte – Römische Festungen – Start der Feldsaison in der Dobrudscha
Start der Ausbildung in Celic Dere
In der ersten Woche der diesjährigen Frühjahrskampagne in Rumänien arbeitete das – mit vier Studierenden und Dr. C. Mischka noch kleine – Team in der Dobrudscha im Kreis Tulcea. Hier, im Gebiet zwischen Donaudelta und Schwarzmeerküste stand die Erforschung der römischen Besiedlung im Vordergrund. Gemeinsam mit einem Team unserer Kooperationspartner vom Archäologischen Institut der Rumänischen Akademie, Außenstelle Iaşi (Dr. Alexander Rubel), wurde zunächst der Fundplatz Teliţa „Celic Dere“, in der Nähe des gleichnamigen Klosters untersucht. Hier wurde bei Baumaßnahmen eine römische Fundstelle angeschnitten, deren Ausdehnung und Struktur es nun zu erforschen galt. Dies war eine gute Gelegenheit, das Team in die Arbeitsabläufe einzuarbeiten: Auf- und Abbau der Messgeräte, Einsatz des Gradiometers und Auswertung der Daten sowie das Erstellen eines Geländemodells mit der Institutsdrohne. Zudem mussten die Einzelfunde eingemessen werden, die die Kollegen aus Iaşi bei ihrer Feldbegehung machten: Römische Münzen, Glasperlen, Bronzeartefakte, Reliefsigillata etc.
Nach drei Tagen Arbeit war das Team eingespielt und es stand fest, dass es sich hier einst um ein Straßendorf mit gemischter Holz- und Steinbebauung handelte.
Abschluss der Prospektionsarbeiten in Slava Rusa
Mit dem nun eingespielten Team war es dann kein Problem mehr, die 2015 begonnene Prospektion in Slava Rusa/Ibida zu einem endgültigen Abschluss zu bringen. Schon letztes Jahr wären wir ja beinahe fertig geworden, wäre nicht der Zusammenbruch des DGPS-Systems dazwischengekommen. Dieses Mal ging nun alles glatt und nachdem die Institutsmachete und die Willenskraft des Teams den Zugang zu den letzten unbebauten Flächen im Dorf gesichert hatten, war das Magnetogramm der spätantiken Stadt Ibida in einem Tag endlich fertiggestellt.
Lehren aus der Leere – Kastell und Vicus Salsovia an der Donau
Das letzte Ziel in der Dobrudscha war die Zivilsiedlung des Kastells Salsovia. Etwa 5 km westlich von Mahmudia liegt dieses Kastell auf einer steilen Anhöhe, direkt über der Donau. Während das Kastell selbst durch frühe Ausgrabungen und Befestigungsanlagen beider Weltkriege weitestgehend zerstört ist, blieb das Areal des zugehörigen Vicus bisher weitgehend unerforscht. Ähnlich wie in Celic Dere ist auch die Terrasse, auf der die Zivilsiedlung von Salsovia lag, mit Fundmaterial – insbesondere Keramik und Bausteinen – übersäht. Auch das vom Team angefertigte Geländemodell der gesamten Anlage lies keinen Zweifel daran, dass es sich um einen perfekten Ort für eine Siedlung handelte. Doch das Magnetogramm blieb frei von den eigentlich erwarteten klaren Baustrukturen, weder Steinfundamente noch Pfostenkonstruktionen waren zu erkennen. Der Grund: Die Terrasse besteht aus sehr sandigem Sediment und die Studierenden mussten lernen, dass Geomagnetik auf solchem Untergrund einfach nicht brauchbar funktioniert. Egal, was auch im Boden sein möge.
Woche 2+3: Cucuteni in Botoșani
Landwirtschaft gegen Archäologie – Auf der Suche nach den letzten Fundplätzen
Nach einer Fahrt einmal von Süd nach Nord, quer durch Rumänien war Botoșani das Quartier für die nächsten zwei Wochen. Im Fokus standen nun die Siedlungen der Cucuteni-Kultur im Tal des Sitna, einem der beiden Testgebiete des Projektes „Siedlungs- und Landschaftsarchäologie des Spätneolithikums und der Kupferzeit in Ostrumänien“. Die ersten drei Tage führte das ursprüngliche Team zusammen mit unserer Kooperationspartnerin Dr. Adela Kovács vom Historischen Museum in Botoșani extensive Feldbegehungen durch. Dabei wurden zehn aus Literatur und Fundchronik bekannte Fundstellen begangen. Ziel war es, die genaue Lokalisierung vorzunehmen und herauszufinden, ob sich die Plätze für eine Erforschung eignen. Das ernüchternde Ergebnis: Mittlerweile setzt die moderne, mit enormen Flächenverbrauch und Erosionsverlusten einhergehende Landwirtschaft auch in Rumänien den Kulturgütern im Boden stark zu. Nur drei von zehn archäologischen Fundplätzen waren noch erhalten. Alle anderen zeigten Spuren von massivem, flächigem Abtrag. An vielen Stellen war nichts mehr vom dunklen, holozänen Boden erhalten, an einer Stelle (Vâlcele „Pe Păşune“) lag sogar statt des erhofften Cucuteni-Platzes ein mutmaßlich eiszeitlicher Fundplatz an der Oberfläche.
Văculeşti – Endlich das große Ding!
Mitte der zweiten Woche kamen acht weitere Studierende aus Erlangen in Botoșani an und vervollständigten das Team. Eine große Mannschaft war auch nötig, stellte sich doch einer der drei „überlebenden“ Fundplätze, Văculeşti „La Odaie“ mit über 13 Hektar als die bisher größte bekannte Cucuteni-Siedlung in Rumänien heraus. Die geomagnetische Prospektion, nun angeführt von M. Trodler BA, zeigte eine in konzentrischen Ringen angelegte Siedlung aus ca. 200 Häusern. Solche Anlagen sind in gleicher Form und Größe auch aus der Republik Moldau, nur ca. 60km entfernt auf der anderen Seite des Prut bekannt. Parallel zur Magnetik sammelte ein zweites Team, geleitet von A. Botsch BA, Fundmaterial speziell dort, wo die Magnetik Hausbefunde gezeigt hatte. Bemalte Keramik und Reste von Statuetten zeigten schon auf dem Feld, dass es sich um eine Anlage aus der Periode Cucuteni A/B handelt – relativ früh für eine solche Großsiedlung und in unserem Projekt bisher eine nur sehr spärlich belegte Zeitstufe.
Regen. Innendienst. Endlich Ordnung!
Letztlich gewann aber, wie so oft in der Archäologie, mal wieder das Wetter. Ein Kälteeinbruch, Sturm, vor allem aber Dauerregen machte es unmöglich, den Fundplatz auch nur zu erreichen. Daher muss das letzte Viertel der Siedlung noch bis zur nächsten Kampagne warten. Dafür konnten die Studierenden nun im Innendienst im Museum Botoșani lernen, wie die gefundenen Artefakte, Keramik, Silex- und Felsgesteingeräte gewaschen, sortiert, bestimmt und in Listen erfasst werden. Zusätzlich wurden zur Übung für die Studierenden zahlreiche Artefakte aus den Beständen des Museums mittels SfM als 3D-Modell erfasst. Dies mag alles manchmal langweilig wirken, aber erst durch diese Arbeit bekommen die Fundplätze eine Datierung und die Feldarbeit einen Sinn. Daher war es vielleicht sogar ganz gut, dass der Regen lang genug anhielt, so dass fast alle Funde aller vorherigen Kampagnen aufgearbeitet werden konnten.
Woche 4+5: Finale in den Subkarpaten
Die letzten beiden Wochen führte das Team in den Kreis Neamţ. Zusammen mit unseren Kooperationspartnern vom Nationalen Museumskomplex Neamţ, Dr. Constantin Preoteasa und Dr. Vasile Diaconu galt es in der Neamţ-Senke, dem zweiten Testgebiet des Moldau-Projektes, die Feldbegehungen auf den Fundplätzen abzuschließen, die schon seit 2017 geomagnetisch prospektiert wurden. Auch Prof. D. Mischka war mittlerweile als weitere Verstärkung eingetroffen. Glücklicherweise war auch das Wetter wieder freundlicher, und so konnte auf sieben Fundplätzen gearbeitet werden.
Piatra Şoimului – Ein kleiner Fundplatz mit vielen Phasen
Den Beginn machte Piatra Şoimului. Auf einem der für die Subkarpaten so typischen, kleinen Hügelplateaus liegt dort direkt neben einer dakischen Höhenbefestigung eine Cucuteni-Siedlung. Mit dem großen, mittlerweile gut eingespielten Team konnten Geomagnetik, intensive Feldbegehung und Drohnenmodellierung an einem Tag abgeschlossen werden. Das Ergebnis bestand allerdings nicht nur, wie erwartet, aus dem Magnetogramm einer bereits stark zerpflügten Cucuteni-Siedlung. Im Fundmaterial gesellten sich dann auch noch Scherben der mittleren Bronzezeit (Costeşti – ca. 2100-1800 v. Chr.) sowie der späten Eisenzeit (dakische Epoche, ca. 100 v. – 100 n. Chr.) dazu. Da wird es noch spannend, die Oberflächenfunde räumlich zu analysieren.
Fertig in der Neamţ-Senke
Den Abschluss machte die Neamţ-Senke. Dieses Gebiet rund um Târgu Neamţ war 2017 die Keimzelle für das Moldau-Projekt. Im Frühjahr 2024 wurden nun auf den Fundplätzen von Săcăluşeşti, Topoliţa „NW de Sat“, Valea Seaca „La Arminici“ und Târpeşti die in den Vorjahren geomagnetisch begangenen Flächen auch einer Fundleseprospektion unterzogen. Aufgrund der hohen Befunddichte wurde dabei, anders als in Botoșani, in 10m-Grids gearbeitet. Parallel dazu lief die Fundbearbeitung im Historisch-Ethnografischen Museum von Târgu Neamţ. Bei diesem Fokus auf klassische Feldbegehung kam das Magnetikteam nur noch zu zwei Kurzeinsätzen: In Târgu Neamţ „Oglinzi“ zerschlug sich die Hoffnung auf eine neolithische Siedlung an einer Salzquelle. Nur die für die späte Bronzezeit so typischen Grubencluster zeigten sich im Magnetogramm. In den einsamen Hügeln südlich von Vânători Neamţ schließlich hatten sich auf der geplanten Trasse einer neuen Autobahn hinweise auf eine Cucuteni-Siedlung ergeben. Allerdings konnte auch dies nicht im Ergebnis der Magnetik bestätigt werden.
Nur noch zwei Mal – Der Ausblick
Die abgeschlossene Kampagne brachte das Projekt „Siedlungs- und Landschaftsarchäologie des Spätneolithikums und der Kupferzeit in Ostrumänien“ einem erfolgreichen Abschluss ein gutes Stück näher. So sind nun alle bekannten Siedlungen aus der Neamţ-Senke geomagnetisch untersucht und bis auf wenige Restflächen sind auch die Begehungen abgeschlossen. Immer mehr kann jetzt die Auswertung der Oberflächenfunde und die Rekonstruktion des Siedlungswesens in den Vordergrund rücken. In Botoșani ist nun klar, dass nur noch zwei zusätzliche Fundplätze (und der Rest von Văculeşti – immerhin noch so groß wie zwei normale Plätze aus der Neamţ-Senke…) im Tal des Sitna zu erforschen sind. Dann sollte alles bereit sein für eine vergleichende Analyse der Cucuteni-Kultur zwischen Subkarpaten und Moldawischem Plateau.
Es ist daher absehbar, dass die Kampagne in diesem Oktober die letztere größere Prospektionsmaßnahme in Rumänien sein wird. Nächstes Frühjahr sollte es nur noch Reste abzuarbeiten geben. Es ist aber auch zu hoffen, dass sich diese einmalige Kombination aus archäologischer Feldforschung und universitärer Ausbildung weiterführen lässt. So warten beispielsweise noch hunderte spätneolithische (Jamnaja-Kultur) Grabhügel alleine im Kreis Botoșani auf eine Erforschung und auch in der Dobrudscha scheint das Potential vielversprechender Fundplätze nahezu unendlich. (C. Mischka)