In Steppe und Gebirge – Die Herbstprospektion in Rumänien 2023

Kein Zweifel: Berge, nicht Steppe! Piatra Neamţ 'Dealul Cozla' (untere Bildmitte) aus der Luft.
Kein Zweifel: Berge, nicht Steppe! Piatra Neamţ 'Dealul Cozla' (untere Bildmitte) aus der Luft.

Zwei Wochen (30.09.-15.10.2024) waren 5 Studierende unter der Leitung von Dr. C. Mischka auf der diesjährigen Herbstkampagne in Rumänien unterwegs. Die Arbeiten konzentrierten sich auch dieses Mal auf die Landkreise Botosani und Neamţ. Ziel der Maßnahme war dabei nicht nur die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Ergebnisse, sondern auch die Ausbildung der Studierenden – für 3 von ihnen war es die erste Prospektion, und es galt viel zu lernen: DGPS-Vermessung, Gradiometerprospektion, Drohnenmodelle fliegen und auch klassische Feldbegehung standen auf dem Programm.

Zum Start ein Grabhügel

Am Beginn der Maßnahme stand ausnahmsweise mal kein Cucuteni-Fundplatz. Stattdessen begann die Ausbildung der Studierenden auf einem Grabhügel der Jamnaja-Kultur (ca. 3500-2600 v. Chr.). Unser Kooperationsparter, das Historische Museum Botosani plante am Fundplatz  Flamanzi „Podis“ die Ausgrabung einer solchen spätneolithischen Grabanlage zusammen mit einem Team vom Schlesischen Museum in Opava.

Dementsprechen bestand des erste Ergebnis des Erlanger Teams am ersten Tag aus einem Magnetogramm, das perfekt den Umfang der Steinpackung des Grabhügels zeigt, sowie aus einem hochauflösenden, per Drohnenfotos errechneten Geländemodell, das nicht nur den eigentlichen Grabhügel zeigt (der auch im Gelände noch gut zu sehen ist), sondern auch noch einen zweiten, weit kleineren, mit dem bloßen Auge nicht wahrnehmbaren Hügel in unmittelbarer Nähe zu ersterem. Gemeinsam mit den tschechischen KollegInnen wurde noch am selben Abend die Lage der Grabungsschnitte geplant. Diese pflockte unser Team am nächsten Morgen noch aus, bevor es an das eigentliche Tagesgeschäft ging – Cucuteni-Siedlungen!

Mehr Fläche, mehr Rätsel – Ein Fundplatz, viele Siedlungen?

Den Rest der Woche verbrachte das Team mit der Fertigstellung der schon im Herbst 2022 begonnenen, und im letzten Frühjahr weitergeführten Prospektion in Roma „Balta lui Ciobanu“. Nach Abschluss der Gradiometerbegehung, zeigte sich auch, warum es bislang so schwer gewesen war, die eigentliche Siedlung zu lokalisieren: Auf dem mehrere Hektar großen Plateau fanden sich über 75 Hausbefunde, die jedoch nach Ausrichtung und Anordnung zu schließen, zu mindestens drei unterschiedlichen, nicht zeitgleichen Siedlungen gehörten. Die innere Gliederung dieses Platzes wird sich allerdings nur schwer erforschen lassen, da die Oberflächenbegehung nur sehr wenige Funde einbrachte – zuviel ist mittlerweile der Erosion zum Opfer gefallen. Aber immerhin liessen sich die Schnitte der Altgrabung aus den frühen 1990’er Jahren lokalisieren. In dieser wurde eine der Siedlungen erfasst, die sich nun endlich in einen größeren Kontext einordnen lässt.

Auf in die Berge! Eine Woche Neamţ

Aufgrund schlechter Bedingungen für die Oberflächenbegehungen in unserem eigentlichen gemeinsamen Projektgebiet mit dem Nationalen Museumskomplex Neamţ, der Neamţ-Senke bei Târgu Neamţ, lag der Fokus diesmal auf den Siedlungen im direkten Umfeld der Kreisstadt Piatra Neamţ selbst. Da diese unmittelbar auf der Grenze des Hügellandes der Subkarpaten zu den Karpaten liegt, war klar, was zu erwarten war: Kleine Fundplätze in exponierter Lage! Schon der Name des ersten Fundplatz – Piatra Neamţ „Masivul Bolovoaia“ macht klar: Keine Hügel (Dealul) mehr, sondern Berge (Masivul)! Spektakulär, aber auch nur schwer erreichbar liegt dieser Fundplatz kaum 300m entfernt vom 2016 pospektierten Fundplatz Valeni „Cetatuia“ – nur leider aber auch ca. 100m darüber! Der Lohn für das Hinauf- und Hinunterschleppen aller Geräte: Nicht nur ein gutes Bild der erwarteten Cucuteni-Siedlung mit doppeltem Grabensystem, sondern auch noch die Reste einer dakischen (ca. 100 v. Chr. – 100 n. Chr.) Befestigung. Inklusive Torkonstruktion mit Mauerresten der Tortürme!

Auch die Fundplätze Piatra Neamţ „Dealul Cozla„, Piatra Neamţ „Zona Ocol“ und Gârcina „Dealul Balaurul“ lagen im direkten Umfeld der Stadt. Allerdings lieferte nur letzterer das erhoffte Ergebnis: Eine kleine, aber vergleichsweise gut erhaltene und durch Gräben geschützte Cucuteni-Siedlung. Ansonsten fanden sich nur Überreste der völkerwanderungszeitlichen Sântana de Mureș-Kultur – natürlich auch Archäologie, für unser Cucuteni-Projekt aber nicht wirklich von primärer Bedeutung.

Dann doch noch Neamţ-Senke

Am Ende der Maßnahme bot der Erntestand dann doch noch die Gelegenheit, im eigentlichen Untersuchungsgebiet tätig zu werden. Zunächst konnte das Team die Magnetik am Fundplatz Târpeşti zum Abschluss bringen, die schon im Frühjahr 2022 begonnen wurde. Es stellte sich heraus, dass der gesamte Fundplatz tatsächlich über 20 Hektar groß ist. Die Cucuteni-Siedlung ist dabei zwar immerhin deutlich größer, als anhand der Ausgrabungen bisher angenommen, beschränkt sich aber trotzdem auf einen kleinen Teil des Plateaus. Die restlichen Befunde sind höchstwahrscheinlich Bronze- und Sântana de Mureș-zeitlich.

Zuletzt prospektierte das Team noch den Fundplatz Timișești ‚Plăieșu‘, an der Öffnung der Neamţ-Senke zum Moldawischen Plateau. Dort gelang es dem Team, die zwei in einer Sondagegrabung unseres Kollegen V. Diaconu vom Museum in Târgu Neamţ gefundenen Hausbefunde in einen größeren Kontext zu setzen.

(C. Mischka)