10 Jahre internationale Kooperation – Erfolgreiche Jubiläumsmaßnahme in Rumänien

Costişa 'Cetatuia' ist eine archäologische Schutzzone. Das Verbot von Ackerbau bedeutet aber leider auch eine unangenehme Menge extrem stacheliger Büsche.
Costişa 'Cetatuia' ist eine archäologische Schutzzone. Das Verbot von Ackerbau bedeutet aber leider auch eine unangenehme Menge extrem stacheliger Büsche.

10 Jahre erfolgreiche Kooperation

Am 8. März startete ein Team aus sechs Studierenden – von der Erstsemesterin bis zum frischen BA, vom Neuling bis zu langjährigen RumänienfahrerInnen – unter Leitung von Dr. C. Mischka zu der mittlerweile traditionellen Frühjahrsprospektion in Rumänien – fast auf den Tag genau 10 Jahre, nachdem 2015 ein erstes, kleines Vorausteam der UFG-FAU zu Gradiometerprospektionen nach Rumänien aufbrach. 

Erstes Ziel: Piatra Neamţ

Das erste Ziel unseres Teams war passenderweise eine alte Bekannte: Die Stadt Piatra Neamţ. Der dortige Nationale Museumskomplex (CMNN) war auch schon 2015 unser Kooperationspartner. Die damaligen, heutzutage vergleichsweise kleinen Prospektionen in Izvoare und Râuceşti mündeten im Lauf der Jahre in eine intensive, großflächige Erforschung ganzer Siedlungslandschaften der kupferzeitlichen Precucuteni- und Cucuteni-Kultur. Dabei wird der CMNN insbesondere durch Dr. Constantin Preoteasa, Leiter des Cucuteni-Art-Museums in Piatra Neamţ und Dr. Vasile Diaconu, Leiter der Museumsdependance in Târgu Neamţ vertreten.

Zwei Fundplätze zum Ende…

Die Aufgabe des Teams in diesem Frühjahr war zunächst der Abschluss der Prospektionen aller Siedlungen in der Neamţ-Senke rund um Târgu Neamţ. So stand immer noch die Fertigstellung der Magnetik am Fundplatz Târpeşti „La Râpa lui Bodai“ an. Rund um die eigentlich schon komplett ausgegraben geglaubte Precucuteni-Siedlung erstreckt sich eine viel größere, bis zu unseren Messungen unbekannte Cucuteni-Siedlung. Auch die Tatsache, dass diese wiederum von einer noch größeren Streusiedlung der Bronzezeit überlagert ist, machte es nicht leicht, das Ende des Fundplatzes in alle Richtungen zu erreichen. Schließlich gelang es dem Team aber, auch die letzten fehlenden Flächen zu begehen, und siehe da: Jenseits der Ausgrabung liegen nicht nur einzelne Hausbefunde, sondern eine vollständige weitere Siedlung aus mehreren parallelen Häuserreihen und deutlich größer als der ausgegrabene Teil des Fundplatzes. Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich auch die Nachuntersuchung bereits ergrabener Fundplätze lohnt.

Der nächste Fundplatz, Dumbrava „Poiana Cenuşa“ wurde gerade erst durch die Kollegen vom CMNN neu entdeckt. Er liegt am Rand der Neamţ-Senke, unseres zentralen Arbeitsgebietes, und so konnte das Team ihn natürlich nicht unbeachtet lassen! Er entpuppte sich als bisher unbekannte Siedlungsform der Cucuteni-Kultur: Ein fast 3,5ha umfassendes Grabenwerk beinhaltet nur ein einziges Haus! Ansonsten drängen sich in den Subkarpaten doch zumeist zahlreiche Häuser in kleineren Grabenanlagen zusammen. Zusätzlich zu diesenn Siedlungsbefunden fand sich im Profil am Rand der Terrasse noch der Rest eines Keramikbrennofens, in dem Dr. Diaconu tatsächlich noch Überreste von Cucuteni-Keramik fand. Ein einsames Töpferhaus also? Es mangelt nicht an Fragen, die unser Ergebnis neu aufgebracht hat.

…und drei Fundplätze für einen neuen Anfang!

Die erste Woche bot perfekte Bedingungen für die Ausbildung der Teammitglieder in die Abläufe der Gradiometerprospektion und der Erstellung von Geländemodellen und Orthofotoplänen mit unseren Drohnen. Gut so, denn die zweite Woche startete weniger gnädig: Nach einem Wetterumschwung war der nächste Fundplatz – Costişa „Dealul Corneşti“ ein steiler, von Schnee bedeckter Hügel. Klein, aber gemein! Das mittlerweile eingespielte Team wuchtete die Geräte aber trotzdem den Hang hinauf und erarbeitete das Messbild eines Cucuteni-Fundplatzes, der trotz seiner extremen Lage noch zusätzlich von einem komplexen System aus Palisaden und Gräben geschützt war.

In den nächsten Tagen untersuchte das Team den Fundplatz Costişa „Cetatuia“, in Sichtweite von Costişa Dealul Corneşti“ an der selben Terrassenkante gelegen. Eigentlich handelt es sich bei diesem um den eponymen Fundplatz der mittelbronzezeitlichen Costişa-Kultur. Doch dieser ist bereits vollständig ausgegraben, lediglich ein Grabenwerk zwischen „Akropolis“ und „Unterstadt“ konnte hier noch geomagnetisch nachgewiesen werden. Auch Befunde der kupferzeitlichen Precucuteni-Kultur sind aus den Grabungen bekannt, die Siedlung galt aber als durch die bronzezeitliche Besiedlung zerstört. Etwas unerwartet war daher die kleine Precucuteni-Siedlung, die das Team ca. 100 m von der Terrassenkante entfernt fand! Eigentlich hätte man sie an der Terrassenkante erwarten können, von einem Graben (mindestens einem!) umgeben. Einfach so auf der Terrassenfläche gelegen und ohne Graben, kam sie doch etwas überraschend.

Der nächste Fundplatz – Costişa „Dealul Bisericii“ – wie „Dealul Corneşti“ erst jüngst von Dr. Preoteasa vom CMNN entdeckt – zeigte dann vollends, dass das Siedlungswesen der Kupferzeit in Rumänien noch längst nicht vollständig bekannt ist: Auch hier lag eine Precucuteni-Siedlung nicht auf dem Sporn, auf dem wir sie erwartet hatten, sondern weiter zurückgesetzt auf der Hochebene. Und die ovale Form ist bislang erst aus der einige Jahrhunderte jüngeren Phase Cucuteni A3, und zudem nicht aus den Subkarpaten, sondern nur dem Moldawischen Plateau bekannt. Zudem weist die Siedlung eine „Megastructure“, ein vergleisweise besonders großes Gebäude also, auf. Auch solche Befunde sind bis auf eine Außnahme erst aus den jüngeren Phasen der Cucuteni-Kultur bekannt. Auch hier ist also ein Umdenken angesagt.

In Zukunft sollen diese drei Fundplätze der Kern einer neuen Testregion sein. Diese Region, die Cracău-Bistrița-Senke, ist deutlich größer als die Neamţ-Senke und reicht von den Subkarpaten bis weit in das Moldawische Plateau hinein. Hier könnte es gelingen, die siedlungsarchäologischen Prozesse am Übergang vom Gebirge zur Steppe und vom Neolithikum zur Kupferzeit noch besser herauszuarbeiten, als dies bisher möglich war.

Beinahe auch noch einen Tell…

Eigentlich schon deutlich außerhalb unseres Forschungsgebietes lag der letzte Fundplatz, den das Team von Piatra Neamţ aus anfuhr: Das Dorf Măgirești im Landkreis Bacău. Ebenfalls noch in den Subkarpaten gelegen, gab es dort die Möglichkeit, eine der sehr seltenen mehrschichtigen Siedlungen der Kupferzeit östlich der Karpaten zu untersuchen: Beim Ausschachten der Gräber des Friedhofes, auf einer Hügelkuppe über dem Dorf gelegen, kommt immer wieder Keramik der Phasen Cucuteni A, AB und Precucuteni zu Tage. Also nahm das Team die Gelegenheit war, auf den Flächen um die Kirche und den Friedhof nach eventuellen Siedlungsresten zu suchen. Es wurde ein schöner Tag, auch aufgrund der Gastfreundschaft des Bürgermeisters und der Gemeindeverwaltung. Es stellte sich leider aber auch heraus, dass alle archäologischen Befunde durch den Friedhof und die Kirche überlagert – und damit größtenteils wohl auch zerstört – sind. Lediglich den betonierten Vorplatz zwischen Kirche und Friedhof könnte man vielleicht noch aufstemmen, um an die Siedlungsreste darunter zu kommen…

Weiter in die Steppe

Die zweite Hälfe der Kampagne verbrachte das Team in Botoșani, im äußersten Nordosten Rumäniens. Die Kooperation mit dem dortigen Historischen Museum des Landkreises, vertreten durch Dr. Adela Kovács startete zwar erst 2017, trotzdem entwickelte sich dieser Landkreis ob seiner enormen Fundplaztdichte zu einem der Zentren unserer Forschungen. Hauptsächlich konzentrieren sich die Arbeiten unseres Moldau-Projektes auf das Tal des Sitna. Ein paar Kilometer außerhalb der Stadt Botoșani laufen hier z.B. seit 2023 die Ausgrabungen am Cucuteni A3-zeitlichen Fundplatz von Stăuceni „Holm“. Auf weiteren 10 Fundplätzen in diesem Tal wurden in den letzten 3 Jahren bereits Gradiometerprospektionen und Feldbegehungen durchgeführt.

Einiges an Innendienst…

Diese Kampagne in Botoșani hatte zwei Schwerpunkte: Vor dem Ende des Moldau-Projektes mussten noch all die Funde aufgenommen werden, die in den Feldbegehungen der letzten Kampagnen aufgelesen wurden, aber noch nicht abschließend bearbeitet werden konnten. Demnach befand sich fast die gesamten zwei Wochen ein Teil des Teams im Innendienst im Museum. Und es gelang den Studierenden auch tatsächlich, den gesamten Rückstand aufzuholen. So blieb denn auch noch Zeit, an dem einzigen im Außendienst prospektierten Fundplatz, Văculești „La Prisaca“ weitere Feldbegehungen zu machen und auch dort zu den gefundenen Hausstandorten datierendes Material zu gewinnen. Zudem fertigte das Team auch noch 3D-Modelle von über 40 Cucuteni-zeitlichen Statuetten und Figurinen für eine geplante morphometrische Analyse an.

…und ein sehr großer Fundplatz.

Anders als in den Subkarpaten sind die Fundplätze auf dem Moldawischen Plateau weniger, aber größer. Manchmal unangenehm groß, wie sich zeigen sollte. So war eigentlich geplant, die im letzten Sommer begonnenen Arbeiten auf dem Cucuteni B – zeitlichen Fundplatz Văculești „La Prisaca“ zuende zu bringen. Deutlich größer als der in der Nähe gelegene, 10ha große Platz von Văculești „La Odaie“ würde er schon nicht werden. Falsch! Zwar erschwerte schlechtes Wetter, Regen, Sturm und Schlamm die Arbeiten, aber nach 100 neuen Hausbefunden steht fest: Mit mindestens 25ha, möglicherweise aber auch bis zu 50ha Fläche liegt hier der bislang größte bekannte Cucuteni-Fundplatz Rumäniens vor uns! Selbst mit unserem mittlerweile teilweise motorisierten Magnetikgerät noch genug Arbeit für mindestens eine weitere Kampagne.

(C. Mischka)